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Seltene Liaison

Erschienen im April 2015

Roman, 110th Verlag

chichili agency

Ebook, ca. 100 Seiten

Blütenkelch

Alles schien so einfach. So selbstverständlich. Als sei die Erlaubnis zu lieben und zu träumen schon immer vorhanden gewesen. Als wären sie in einen romantischen Blütenkelch geschubst worden, war ihnen und als hätten sie darin nichts weiter zu tun, als sich selbst zu sein. Dass Hanna und August sich die Liebe nicht erst herbeiwünschen müssten, sagten die Leute, und dass sie von schönen Liedern und Klängen von Lauten und auch von Harfen umgeben wären, die beiden. Man wollte sich ertappt fühlen von ihren Blicken. Man würde sich als das erkannt ahnen, als was man sein könnte. Rätselhaft aber, erscheine ihnen Hannas und Augusts Bindung, sagten einige und gaben sich anstellig in ihrer Neugier. Rasch wechselte die Geschichte die Münder. Viele wollten die Wahrheit wissen. Viele nicht. Vieler Leute Lieb wäre es wohl gewesen, sich an fremdem Feuer Glut zu holen.

Erst nach einer Reihe von Zufällen erfahren Hanna und August, dass sie keine leiblichen Geschwister sind.

Ein Buch von emotionaler Wucht. Überraschend leicht erzählt. 

Innert Kürze wusste das ganze Dorf von seiner Ankunft Bescheid. Tatsächlich hat der Reinhard noch einen Sohn. Stimmt es also doch, was er immer erzählt hatte. Er hätte ihn nicht früher zu sich holen können, der Gesundheit wegen. Über alles lieben würde er den Bub. Familientraditionen könnte dieser dann einmal fortsetzen. Noch sei aber er der Herr im Hause. An seinem Auftreten könne man jetzt schon den Kaufmann in ihm erkennen. Lieber wäre ihm jedoch, er und auch Hanna, würden sich später für ein Studium entschließen und erst danach in seinem Geschäft einsteigen. Unglaublich begabt und fleißig sei er, der August. Hätte schon vom ersten Tag an der Mutter in der Küche geholfen. Tadellos sei das Geschirr abgetrocknet gewesen. Er selbst hätte es kontrolliert. Und das, man solle sich dies einmal vorstellen, mit fünf Jahren. Bei Hanna sei es genau dasselbe. Andere Eltern müssten ihre Kinder zu jeder hilfreichen Tat anspornen. Schon beinahe überlisten. Doch bei ihnen sei es gerade anders herum. Kaum zu bremsen wären die beiden. An Spucke würde es keinesfalls fehlen. Mit anderen Kindern verstünde sich August prächtig. Dies könne er und er und er sicherlich bestätigen. Dabei zeigte er mit dem Finger auf ihn und ihn und ihn - schwierig sei es da Paroli zu bieten. Seit je her, würde er zu August ein spezielles, kaum zu definierendes Vertrauen verspüren. In ihm sähe er nicht nur den erwähnten Kaufmann, nein, tatsächlich hätte er das Zeug zum Politiker. So sagte auch Hans. Zum Professor, so meinte Konrad. Zum Träumer, glaubte Gottfried, doch der hätte sowieso keine Ahnung vom Ganzen. In der Überzeugung eines Schwachsinnigen hätte er dies in seiner erworbenen Intelligenzminderung so lange behauptet, bis ihm der Geduldsfaden gerissen sei und er ihn und all seine Vorfahren so lange lauthals beschimpft hätte, bis die Wirtin kam und ihn ermahnte. Doch vor die Türe gesetzt, lachte Reinhard, hätte sie den Gottfried. Vielleicht hätte er ihn ausreden lassen sollen, doch er würde unter Träumer etwas anderes verstehen wollen als er. Und so wie er es immer pflegte, solange darüber reden, bis seine Zuhörer versucht wären, ihre Meinung umzukrempeln. Solchem hätte er keine Lust gehabt sich auszusetzen. Diesem Wahnsinn. Denn für ihn sei ein Träumer eine Schlafmütze. Ein Langweiler. Ein Taugenichts und Tunichtgut und niemand, möge dieser heißen wie er wolle, könne ihn von etwas Anderem überzeugen. Unverantwortlich und egozentrisch würden Träumer ihre Ideale leben wollen. In einer weltfremden geistigen Umgebung. Unter Phantasten und Romantikern. Keine Ahnung hätte Gottfried vom richtigen Leben. Hätte wohl die ganze Welt gesehen, doch nie richtig gearbeitet. Nie lange an einem Ort geblieben. Er entspräche der Natur eines Träumers. Ein Verlierer sei er. Ein typischer sogar. Gottfried würde es nie zu etwas bringen. Würde bloß sein Leben lang philosophischem Quatsch widmen wollen in seinem Schwachsinn. Verständig würde er nie. Nein, sein Sohn August sei bestimmt kein Träumer. Der wisse genau was er wolle. Eben, ein begabter Politiker oder Professor an einer Universität könnte er wohl werden, so wie der Bub sich bereits jetzt schon ins Zeug legen täte. Noch stünde ihm alles offen, dem August. Einmal würde er sich dann aber entscheiden müssen, von welcher Arbeit er sich durchs Leben tragen lassen wolle. Dies geschehe besser bei Zeiten, denn nur so könnte richtig geplant werden. Würden alle so denken wie er, gäbe es keine Arbeitslosen, auf Grabsteinen gehörten auch Berufe eingemeißelt, meinte Reinhard.

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